Rolf, wie kam es zu „Koscholadenreiter“?

Die Idee, einen Vater-Sohn-Roman zu schreiben, hatte ich bereits 2009, nachdem ich auf meine Reportage „Papa, wann sind wir da?“  irre viele Leserbriefe bekam. Ich dachte mir, ein Mix aus Fiktion und unserem Alltag könnte für ein derartiges Buch reichen, schließlich bin ich alleinerziehender Papa. Doch es blieb zunächst bei der Idee, vor allem, weil ich mein Leben nicht vor der ganzen Welt ausbreiten wollte. Also entfernte ich mich ein wenig von der Realität und entwickelte den Hauptprotagonisten Tim Riehberg. Der ist cooler als ich, sieht besser aus und geht etwas anders mit dem Leben um. Der Plot des Buches war von Anfang an klar, das Ende auch. Mit „Koscholadenreiter“ ist mir ein Buch gelungen, das nicht nur Tiefgang und Humor vereint, sondern vielen alleinerziehenden Müttern auf die humoristische Art die Gegenseite präsentiert.

Worum dreht es sich in Deinem Roman?

Tim Riehberg, ein Draufgänger und Lebemann, gerät an eine Frau, die ganz und gar nicht in sein Beuteschema passt. Diese Frau wird schwanger von ihm. Keiner von beiden will jedoch ein Kind. Doch nachdem eine Abtreibung oder das Freigeben zur Adoption nicht infrage kommen, lernen beide, dass es mehr im Leben gibt als Karriere oder Partys. Die Mutter des Kindes stirbt bei einem tragischen Verkehrsunfall. Fortan ist Tim, der nie Kinder wollte, allein mit seinem Sohn.

Das klingt alles sehr tragisch…

Ja, wäre es auch. Wäre da nicht Tim, der eine Verwandlung durchmacht: Vom Draufgänger zum verantwortungsbewussten Vater, der sich kümmert. Es hört sich auch tragischer an, als es im Buch rüber kommt. Denn das Buch liest sich sehr unterhaltsam. Es gibt viele Stellen, an denen herzlich gelacht werden darf, an anderen will sich schon mal eine Träne aus den Augen stehlen. Im Grunde ist es ein sehr lustiger Roman geworden, denn Tim stolpert von einem Fettnapf in den nächsten. Die Handlung ist frei erfunden und die Charaktere sind frei erfunden. Nur die Dialoge sind teilweise eins zu eins. Die habe ich oft mitgeschrieben, so etwas kann man nur schwer erfinden.

Also doch keine Tragödie?

Nein, eher eine Komödie. Die Story beginnt in einer Mutter-Kind-Kur, auf die man Tim schickt. Allein hier habe ich mich beim Schreiben köstlich amüsiert. Tim ist der einzige Mann unter 80 Frauen, muss Beckenboden-Gymnastik mitmachen, schindet sich bei Life-Kinetik und bekommt eine ganz neue Sicht auf Frauen. Natürlich hat sich auch sein Alltag geändert: Er geht kaum noch aus, Frauen spielen keine Rolle mehr in seinem Leben. Aber Tim ist einsam und nach sechs langen Jahren ohne weibliches Geschlecht auch völlig aus der Übung, was das Kennenlernen oder Daten betrifft. Also hört er auf die Tipps seines schwulen Nachbaren, besucht einen Flirtkurs und gibt schlussendlich auch eine Anzeige auf…

Also geht es um einen Alleinerziehenden, der eine Frau sucht?

Nein, das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Der zentrale Punkt des Buches ist die Beziehung zwischen Vater und Sohn, zwischen Tim und Ben. Die Entwicklung der beiden und wie sie den Alltag bewältigen. Und ihre Abenteuer natürlich. Außerdem – hier kann ich nur wieder mal auf meine Leserpost verweisen – scheint es für Frauen verdammt spannend zu sein, wie ein alleinerziehender Vater mit Allem umgeht.

Dann ist es nach „Millionär in sechs Wochen“ erneut ein Buch, ohne das Thema Motorrad aufzugreifen?

Nein. Tim ist – jetzt bitte nicht lachen – wie ich Motorradjournalist. Der fast unmögliche Spagat, ständig unterwegs und trotzdem für seinen Sohn da zu sein, ist eins der Hauptthemen des Buches. Ich habe lange überlegt, ob der Hauptdarsteller und Ich-Erzähler des Romans, wirklich mit mir zusammen denselben Job haben soll und mich letztlich dafür entschieden. Tim arbeitet beim Motorradmagazin SCHRÄGLAGE und bringt seinen Sohn täglich mit einem Motorrad zum Kindergarten. Was natürlich nicht ohne Folgen bleibt, denn die Leiterin des neuen Kindergartens ist ein Drachen, der auf das Thema Motorrad überhaupt nicht gut zu sprechen ist. Damit jedoch nicht genug: Sein Sohn Ben hat die seltene Begabung, dass er Lieder exakt nachsingen kann, wenn er sie nur einmal gehört hat. Und wie wir alle wissen, sprudeln aus dem Radio oft merkwürdige Songtexte… Ich glaube, die große Herausforderung an diesem Roman war, ihn mit exakt jener Prise Motorrad zu würzen, die meine Fans von mir erwarten. Das Buch aber gleichzeitig nicht mit dem Thema Motorrad zu überfrachten, sodass es auch Menschen lieben, die damit gar nichts zu tun haben. Es ist mir geglückt.

Warum heißt es Koscholadenreiter?

Der fünfjährige Ben hat nicht nur diese seltene Auffassungsgabe, wenn es um Lieder geht, er verwechselt auch oft Buchstaben…

Ist das Buch eher für Frauen oder eher für Männer?

Meiner Meinung nach ist es ein Frauenbuch, das auch Männer lesen werden. Damit hätte ich alles erreicht. Was will man mehr? Ich habe einen Haufen Zuschriften von Frauen bekommen, die ihren Männern mein „Fuel for the Soul“ geschenkt und sich darüber gewundert haben, warum ihre Männer plötzlich begeistert lesen. Wenn alle diese Männer ihren Frauen „Koscholadenreiter“ schenken würden, wäre ich schon zufrieden, hahaha.

Letzte Frage: Wie viel Tim ist in Rolf und wie viel Rolf ist in Tim?

Das ist schwer zu beantworten. Deshalb wiederhole ich hier auch das, was im Roman-Abspann unter „Entstehung des Buches“ vermerkt ist: Tim Riehberg und ich haben mehrere Dinge gemeinsam: Wir fahren gern Motorrad, haben einen ähnlichen Job, sind allein erziehend und schlüpfen tatsächlich stets in das obenliegende T-Shirt des Stapels. Aber mehr nicht.