Wie kam es zu „Millionär in sechs Wochen“ ?

„Millionär in sechs Wochen“ ist ein Projekt, an dem ich mich ausprobiert habe. Als Reporter und Autor ist man es gewohnt, Dinge auf den Punkt zu bringen. Selten schreibt man Reportagen, die über 14.000 Anschläge hinausgehen. Ich wollte zwischen den Jahren 2001 bis 2009 einfach ausprobieren, ob es mir gelingt, ein Buch zu schreiben. Und einen Spannungsbogen sowie eine Handlung weit über 250 Seiten hinaus aufzubauen. Den Roman habe ich in diesem Zeitraum sozusagen als Übung verfasst. Ich hatte das Manuskript von Millionär seinerzeit ein paar Verlagen angeboten, doch niemand konnte damit etwas anfangen, denn es ist ein irres Werk ganz im Erzählstil der Coen-Brüder.

 

Wenn es 2009 bereits fertig war, warum erschien es dann erst 2015?

„Millionär“ brauchte eine Reifezeit. Er war damals schon seiner Zeit voraus und ist – sagen wir ruhig mal – ein reines Männer-Buch. Mit so etwas brauchst du gar nicht erst bei Verlagen aufkreuzen, denn die sagen dir, dass 85 Prozent aller Buchkäufer weiblich sind. Damit verringern sich die Verkaufschancen enorm. „Millionär“ ist praktisch das Pendent zum meinem Vater-Sohn-Roman „Koscholadenreiter“ der, so haben es meine Leser einstimmig beschrieben, ein Frauenroman ist, den auch Männer lesen können.

 

Wie muss man unter „Reifezeit“ und „Männerbuch“ verstehen?

Die drei Protagonisten in „Millionär“ waren vor zehn Jahren nicht besonders gut ausgearbeitet. Das ist nun anders. Ich habe den drei Jungs im Sommer eine charmantere Identität gegeben und die wirklich hässlichen Szenen gestrichen. Das gibt dem Buch einen ganz anderen Spirit, es ist immer noch dynamisch und energiegeladen, aber viel freundlicher. Ich gab das Manuskript ein paar Freunden zum Lesen und die sagten, es sei das Beste, was ich überhaupt je geschrieben hätte. Das gab mir das Selbstvertrauen zur Veröffentlichung und die Resonaz darauf ist großartig. Überhaupt unterscheidet sich „Millionär“ von meinen anderen Büchern durch seine Erzählform. Habe ich bislang stets in der Vergangenheit aus der Ich-Perspektive geschrieben, so spielt die „Millionär“-Story in der Gegenwart und wird aus dem Off heraus erzählt. Meiner Meinung nach ist es deshalb ein Männerbuch, weil die Protagonisten sehr oft betrunken sind, Drogen nehmen, durch die perfidesten Bars stolpern und mit der Unterwelt in Kontakt kommen. Das Martyrium zieht sich über 270 Seiten, die Drei sind so gut wie nie nüchtern. Darüber hinaus gibt es kein Liebesgeplänkel in dem Buch. Es ist, wie der Titel schon sagt, eine Gauner-Posse, die man augenzwinkernd bei einem guten Glas Rotwein genießen sollte.

 

Drogen, Unterwelt? Was genau passiert in diesem Buch?

Wer mein Buch „Fuel for the Soul“ gelesen hat, wird sich an meine Freunde, die drei tragischen Helden Pinne, Tüte und Schröder erinnern. Sie sind die Hauptprotagonisten des neuen Romans, der im Sommer 1990 spielt. Die Burschen sind älter geworden aber immer noch abenteuerhungrig und unbedarft. Aber, ganz wichtig: In diesem Buch erleben sie keine Abenteuer auf Motorrädern. Sie sind vielmehr automobil unterwegs – zuerst in einem Strich-Acht-Mercedes, dann einem alten Hunderter Audi, aber auch ein 34-PS-Käfer sowie ein 1969er-VW T2 spielen eine Rolle. Das Ganze beginnt mit einem Besäufnis in ihrer Lieblings-Bar: Tüte hat – wie so oft – eine verrückte Idee: diesmal wie man ohne zu arbeiten Millionär wird. Was folgt ist eine furiose Road-Story, die die drei zuerst nach Bremen, einen von ihnen nach Berlin und dann alle drei zusammen nach Stuttgart und letztlich bis zum Bodensee führt. Dabei stolpern sie von einem Fettnapf in den nächsten, legen sich mit Besitzer eines Hochsicherheits-Bordells an, bekommen einen Wagen angedreht, der eigentlich verschwinden sollte, und haben ungewollt Kontakt mit der Russen-Mafia… Schlussendlich sind alle hinter ihnen her. Und dabei dreht sich alles nur um eine Anzeige, die sie bundesweit aufgeben und sie voraussichtlich zu Millionären macht.

 

Klingt ziemlich verrückt. Wie kommt man auf solche Ideen?

Ich bin Fan der Coen-Brüder und liebe ihre cineastischen Erzählstränge. Zusätzlich habe die Filme „Bube, Dame, König, Grass“ sowie „Snatch – Schweine und Diamanten“ (Regie: Guy Ritchie) sowie „Bang Boom Bang“ (Regie: Peter Thorwarth) dutzendfach gesehen und den Roman „Wassermusik“ von T. C. Boyle ebenso oft gelesen. Ich liebe die Skurrilität dieser Werke. Das alles hat selbstverständlich Spuren hinterlassen und den Roman stark geprägt. Der Roman ist überfrachtet mit Nebenkriegsschauplätzen. Sobald eine Figur die Bühne betritt, bekommt der Leser die Story dahinter serviert, ehe sie in die Handlung eingreift. Dieses Stilelement zieht sich durch den gesamten Roman, in dem es letztlich nur so von Chaoten und Unikaten wimmelt. Das Ganze ist so ineinander verstrickt, dass man den Prolog des Buches erst nach dem Lesen des Buches versteht und dann besser nochmal liest. „Millionär in sechs Wochen“ ist eine Hommage an Gauner-Komödien und überzeichnet seine Handlungen oft unverhältnismäßig wie es Boyle auch in „Wassermusik“ tut. Mit „Millionär“ habe ich einen Roman geschrieben, der mich selbst heute, nach dem X-ten überarbeiten und lesen, immer noch königlich amüsiert, weil er 100prozentig meinen Humor trifft. Diesen muss und wird nicht jeder mögen. Aber der, der meinen Humor teilt, wird Krämpfe vor Lachen haben. Er liegt derweil in Berlin und soll verfilmt werden. Ich bin gespannt…

 

Eine letzte Frage noch: Was soll die tote Küchenschabe auf dem Titel?

Ich habe lange überlegt, was man diesem Titel als Gag mit auf den Weg geben sollte. Es gibt eine Passage im Buch, da spielen Küchenschaben eine große Rolle, aber mehr möchte ich nicht verraten. Nur so viel sei gesagt: Die Schalentiere treten in einer Umgebung auf, wie es sie höchstwahrscheinlich noch nie in einer Erzählung gab…